Diabetes: Gute und schlechte Kohlenhydrate
Die 5 Mythen über den glykämischen Index
Vielleicht hast du dich gefragt, welche deinen Blutzucker schnell oder langsam ansteigen lassen? Der glykämische Index hilft dir bei der Einschätzung.
Vielleicht hast du dich schon mal mit dem glykämischen Index beschäftigt. Er hilft dir einzuschätzen, wie schnell dein Blutzucker ansteigen wird. Der glykämische Index (GI, auch Glyx) beschreibt die zeitliche Auswirkung unterschiedlicher Lebensmittel auf den Blutzucker. Der glykämische Index wird in einer Skala bis maximal 100 eingruppiert und man spricht von drei Bereichen:
- Hochglykämisch: über 70 (bis max. 100)
- Mittelglykämisch: 56 – 69
- Niedrigglykämisch: unter 55
Der Index gibt an wie schnell der Blutzucker nach dem Essen von Lebensmitteln ansteigt. Je höher der glykämische Index ist, desto schneller steigt dein Blutzuckerspiegel. Als Bezugsgröße dient Glukose, also der typische Traubenzucker. Dieser lässt deinen Blutzucker am schnellsten ansteigen. Daher hat man für Glukose den Wert 100 definiert. Wichtig dabei: Zucker ist nicht gleich Zucker! Es gibt unterschiedliche Zuckerarten, darunter Glukose (der sogenannte Traubenzucker), Fructose (bekannt als Fruchtzucker), Saccharose (herkömmlicher Kristallzucker, den wir umgangssprachlich als “Zucker” bezeichnen), Laktose (der Milchzucker) und so weiter.
Gute und schlechte Kohlenhydrate
Oftmals wird von den guten und den schlechten Kohlenhydraten gesprochen. Meistens bezieht sich diese Aussage auf den glykämischen Index. Somit auf den zu erwartenden Blutzuckeranstieg. Lebensmittel mit einem niedrigen Glyx Index werden langsamer verstoffwechselt. Der Zucker kommt somit verzögert im Blut an. Der Blutzuckerspiegel steigt nicht so schnell in die Höhe. Hochglykämische Lebensmittel dagegen lassen den Blutzucker sehr schnell ansteigen. Die Folge aus dem schnellen Anstieg sind meistens unerwünschte Fettspeicherungen und Heißhunger. Aber gerade für Diabetiker sind schnell ansteigende Spitzen sehr schwierig mit einem Insulin Bolus abzufangen.
Glykämische Index vs. glykämische Last
Aber Achtung: Der glykämische Index gibt lediglich an wie schnell die Kohlenhydrate bzw. der Zucker im Blut ankommen wird. Der Index hat keine Aussagekraft darüber wieviel davon im Lebensmittel steckt. Das heißt, ob es sich um ein LowCarb Produkt handelt oder um ein kohlenhydratreiches Lebensmittel, sagt dir der glykämische Index nicht. Dieser gibt lediglich die Geschwindigkeit des Blutzuckeranstieges an. Allerdings gibt die glykämische Last auf de anderen Seite die Menge der Kohlenhydrate an. Somit auch, wie hoch der zu erwartenden Anstieg ausfallen wird.
5 Mythen über den glykämischen Index
Um den glykämischen Index gibt es viele Mythen. An einigen ist was wahres dran, andere sind natürlich totaler Unfug. Lasst uns gemeinsam auf die 5 bekanntesten Mythen schauen und diese für uns Diabetiker analysieren.
Niedriger glykämischer Index entspricht Low Carb (Mythos 1)
Der glykämische Index sagt nichts über die Menge der Kohlenhydrate aus. Der Index gibt die erwartete Geschwindigkeit des Blutzuckerspiegelanstieg an. Wenn du als Diabetiker die Menge der Kohlenhydrate benötigst, musst du auf die glykämische Last, bzw. die Nähstoffangaben der Lebensmittel schauen. Ein Beispiel hierfür ist die Mango mit einem Index von 51. Eine Mango hat jedoch nur 15gr KH auf 100 Gramm. Schokolade dagegen hat viel mehr Kohlenhydrate auf 100 Gramm (Mittelwert: 50gr KH). Allerdings ist der glykämische Index von 40 eher niedrig. Schokolade enthält mehr Kohlenhydrate, wird den Blutzucker aber langsamer ansteigen lassen, als eine Mango mit weniger Kohlenhydraten. Wie hoch der Blutzuckeranstieg und der damit zu berechnende Bolus ist, hängt dann aber von der gegessenen Menge Kohlenhydrate ab. Der Glyx Index hilft dir den SEA (Spritz-Ess-Abstand) bei deinem Diabetesmanagement einzuschätzen.
Fazit: Der glykämische Index gibt nicht die Menge an verdaulichen Kohlenhydraten an die verstoffwechselt werden. Er ist ein Index wie schnell dein Blutzucker ansteigen wird. Niedrigglykämische Lebensmittel sind somit nicht automatisch mit wenigen Kohlenhydraten verbunden.
Vermeide Hochglykämische Lebensmittel (Mythos 2)
Folgendes ist zu beachten: Wenn du dich nur am glykämischen Index orientieren würdest, haben Chips und Pommes Frites zum Beispiel niedrigere Index Werte, als eine Wassermelone. Jedoch hat eine Banane einen höheren Wert, als unser geliebtes Eis. Was sollten wir nun vorziehen? Lieber ein Eis, als eine gesunde Banane? Lieber Chips als die Wassermelone an heißen Tagen? Und genau hier wirst du merken, das du dich nicht alleine am glykämischen Index orientieren kannst. Er lässt die gegessene Menge an Kohlenhydraten völlig außer Acht und beschreibt nur den zeitlichen Effekt auf den Blutzuckeranstieg.
Fazit: Der glykämische Index gibt dir keine Orientierung darüber, wie gesund ein Lebensmittel ist. Daher ist der Ausdruck „gesunde und ungesunde“ Lebensmittel irreführend. Gesund sind natürliche und unverarbeitete Lebensmittel mit wenig Zucker. Dies betrachtet der glykämische Index jedoch nicht.
Niedrigglykämische Lebensmittel kann man unbegrenzt essen (Mythos 3)
Wie bereits eben erwähnt dient der Glyx Index lediglich dazu, die zu erwartende zeitliche Reaktion auf den Blutzuckeranstieg zu messen. Als Diabetiker sind dir die FPE mit Sicherheit nicht unbekannt. Fett verlangsamt die Aufnahme von Zucker und Kohlenhydraten. Somit verringert sich der glykämische Index. Jedoch gehört Fett (und auch Proteine) zu den Makronährstoffen und erhöht die Gesamtmenge an Kalorien und Energie. Anders ist es mit den Ballaststoffen. Diese verlangsamen ebenfalls die Aufnahme von Zucker und Kohlenhydraten. Folgerichtig sinkt der glykämische Index ebenfalls. Jedoch bringen Ballaststoffe keine Extrakalorien mit sich. Aber diese machen lediglich die Zersetzung in der Verdauung aufwendiger und verlangsamen somit die Aufnahme von Zucker und Kohlenhydraten.
Fazit: Niedrigglykämische Lebensmittel sind auch für Diabetiker nicht automatisch gesünder. Man kann sie somit auch nicht unbedenklich in großen Mengen essen. Fette und andere Zusatzstoffe verlangsamen die Aufnahme. Der Index sinkt. Aber im Gegenzug steigt die Gesamtkalorienanzahl. Wenn du Blutzuckerspitzen vermeiden willst, esse möglichst niedrigglykämische Lebensmittel. Aber achte darauf was du zu dir nimmt und wie viele Kohlenhydrate und FPE (Fett-Protein-Einheiten) enthalten sind.
Niedrigglykämische Lebensmittel haben wenig Zucker (Mythos 4)
Auch hier ist es nicht so einfach. Der glykämische Maximal-Wert wird auf Basis der Blutzuckerreaktion von Glukose auf den Wert 100 festgelegt . Glukose ist ein Zucker. Aber Zucker ist nicht immer Glukose. Schauen wir zum Beispiel auf Fruktose (den Fruchtzucker). Dort haben wir einen glykämischen Index von 22. Dieser wird nahezu insulinunabhängig verstoffwechselt. Jetzt kommt das Spannende: Der umstrittene weiße Kristallzucker (Haushaltszucker, bzw. was wir typischerweise unter Zucker verstehen) besteht aus Glukose und Fruktose. Diese Mischung erklärt, dass „der Zucker“ nur einen glykämischen Index von 59 hat. Somit ist völlig unerwartet der normale Zucker im Gegensatz zu Glukose mittelglykämisch.
Fazit: Da Zuckerarten oftmals gemischt werden, können niedrig- oder mittelglykämische Lebensmittel auch durchaus wahre Zuckerbomben sein. Der Blutzucker wird unerwartet hoch ansteigen – jedoch langsamer als bei hochglykämischen Lebensmitteln.
Der glykämische Index ist ein verlässlicher Wert (Mythos 5)
Als Diabetiker wirst du selbst sehr gut wissen: Nichts ist so regelmäßig wie das Unerwartete. Kein Tag gleicht dem anderen. Immer wieder ist das Diabetesmanagement von unglaublich vielen Faktoren abhängig. Zu all dem was wir aus unserer täglichen Praxis wissen, kommt nun eine unerwartete Abweichung. Studien belegen, dass Glukoseaufnahme und Insulinreaktion unter Umständen mehr als 50% abweichen können. Die Gründe wirst du oftmals kennen: Stress, Emotionen, Bewegung und Sport. Alles wird deinen Stoffwechsel beeinflussen.
Fazit: Verlasse dich nur auf deine eigenen Erfahrungswerte. Nutze den glykämischen Index in deinem Diabetesmanagement wie alle anderen zusammenspielenden Faktoren auch: Er ist lediglich ein Indikator für deine eigenen Entscheidungen im Rahmen deiner Therapiemaßnahmen.
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